Höllenhund zum Frühstück
Es ist einer dieser freien Morgen, an denen ich mit meiner Hündin Else und einer heißen Tasse schwarzen Kaffee to Go eine entspannte Runde drehe. Die vom Frühnebel versteckte Sonne scheint milde, mit wohliger Wärme verheißend und einen sonnigen Tag versprechend.
[In der Blog-Übersicht wird hier ein Weiterlesen-Link angezeigt]
„Meiner muss ihrem einmal Hallo sagen!“ Schallt es uns entgegen, gleichzeitig materialisiert sich ein knie hoher, grauer Schatten über meiner bis dahin entspannt neben mir trottenden Dackeldame und beschnüffelt sie sehr aufdringlich von vorn bis hinten. Abschließend drückt der wuschelige Usurpator (Thron in Besitz nehmen), seinen Kopf zwischen ihre Hinterläufe, um auch die letzte interessante Stelle zu inspizieren.
Else’s Körper wird dabei spontan mit dem Nasenrücken angehoben, was irgendwie einem aufgebocktem Schäfchen ähnelt.
Der wenig erfreuten Else ist deutlich anzusehen, was sie von dieser mehr als rüpelhaften Behandlung hält und mir fällt der halb volle Kaffeebecher dabei fast aus der Hand.
Abrupt vorbei ist die mehr als friedliche Morgenrunde im Nebel mit der wattiert gedämpften Stimmung, die wir bis gerade eben genossen hatten.
„Ja, tut mir leid, aber ER ist einfach unzufrieden, wenn er nicht jedem Hund einmal Hallo sagen darf!“ Klärt mich des Thronräubers Frauchen umgehend auf : "...und das ist doch sooooo höflich vom Theo, wenn ER euch begrüßt!“ „Ne Theo, haste auch allen hübsch Hallo gesagt?!“
Theo hechelt aufgeregt und hüpft heftig wedelnd um sein Frauchen herum, während dessen tropft noch ein zäher Speicheltropfen auf Else’s Schopf, welche sich nun sichtlich genervt und ziemlich zerzaust neben mich setzt.
Mir reicht das ganze Schauspiel jetzt und ich stelle mich trennend zwischen beide Hunde und entgegne Theo’s Frauchen: „Na? Hat der Höllenhund wieder Ausgang in die Ballettstunde?“ Was diese mit einem irritierten Blick auf Else und der Frage: „Ach... Ihrer ist schon älter, Ja?“ beantwortet.
Dieser Dialog hat schon fast Standardcharakter bei Artgleichen Begegnungen, seit ich einen sogenannten Kleinhund mein Eigen nenne.
„Nein, die Else ist nicht alt, aber die will weder begrüsst werden noch spielen und mit Theo’s schon mal gar nicht.“ „Aaaaach, darf ihre nicht spielen?!“ „Doch, aber muss und will DIE gar nicht!“ „WIEEEE???!! Ihre will nicht? Aber muss die doch! Hunde müssen doch mit anderen Hunden spielen! Ist die krank oder hat die Arme mal schlechte Erfahrungen gemacht, hmmmm?“ Theo’s Frauchen schaut mich und Else mitleidig wissend an.
„Ne,“ sage ich, „mein Hund, meine Regeln!“
Schmunzelnd nehme ich Else an meine Seite und gehe mit ihr unseren ursprünglichen Weg weiter, begleitet von der Frage, warum ich und Else eigentlich erst nach einer ausführlichen Diskussion unseren gewünschten Individualabstand bekommen?
Warum respektieren Hundehalter nicht, dass es immer einen Grund gibt, dass man seinen Hund angeleint oder dicht bei sich führt und dass der Kontakt zu fremden, frei laufenden Hunden nicht erwünscht ist. Gegen Freilauf und Kontakt spricht nichts, wenn dieser vom Mensch kontrolliert stattfindet.
Warum glauben so viele Hundehalter eigentlich immer noch, dass jeder Hund alle anderen Hunde gut finden muss und unbedingt Kontakt zu diesen braucht, inklusive sämtlicher Hundekontakte.
Einem frühzeitigen Anhetzen, „Ja, Theo, schau doch mal wer da kommt!“ folgt ein „Oh das hat er ja noch nie gemacht!“ oder „Verstehe ich gar nicht, der Theo lässt mich für jeden anderen Hund stehen.“ Dabei tut Theo ja nur, was Frauchen ihm beigebracht hat.
Was passiert eigentlich in der Natur, wenn zwei Wolfsrudel aufeinander treffen?
Würden Wolfswelpen aus verschiedenen Rudeln eine Welpenspielgruppe bilden oder würden erwachsene Wölfe fröhlich umhertollen und spielen? Wohl kaum! Es gäbe doch sofort einen ausgewachsenen territorialen und Ressourcen gebundenen Konflikt, der durchaus sehr aggressiv ausgefochten würde.
Bei den Wölfen käme aber niemand auf die Idee, diesen innerartlichen Konflikt in Frage zu stellen und würden wir Löwen oder Wölfe statt der Hunde Gassi führen, keiner käme auch nur auf die leise Idee, das diese Raubtiere mal spielen müssten oder gar sich begrüßen.
Mit diesen Fragen im Hinterkopf sollte man da als Hundehalter noch auf Hundebegegnungen bestehen oder diese als artgerecht oder für die soziale Entwicklung als unbedingt nötig propagieren?
Sicherlich gibt es auch Hunde, die untereinander sympathisieren, aber das trifft noch lange nicht auf jeden Hund mit jedem anderen Hund zu oder ist pauschal anwendbar.
Und die Moral von der Geschicht, Höllenhunde gibt es nicht!
Foto adobe.stock.com 91085096 Satirus