Keine Angst vorm schwarzen Hund
Beeinflusst die Fellfarbe unseres Hundes sein Verhalten?
Immer wieder fallen in der Hundefachwelt Aussagen wie „der böse schwarze Hund“, „alle weißen Schäferhunde sind geräuschempfindlich“, „weiße Hunde sind ängstlicher und unterwürfiger als beige oder braune Hunde“ oder „der Hund kann schlecht vermittelt werden, weil er schwarz ist“. Also schauen wir mal genauer auf die Thematik.
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Fellfarbe und Verhalten
Das erste klassische Beispiel von Fellfarbe und Verhalten, welches mir spontan in den Sinn kommt, ist die sogenannte „Cockerwut“ oder auch das „Cocker Rage Syndrom“.
Die „Cockerwut“ kann einfarbige, im Besonderen rote Cocker Spaniel betreffen. Mittlerweile sind auch Fälle bei Golden Retrievern, Chesapeake Bay Retrievern, Dobermännern, Bullterriern, Pyrenäenberghund, verschiedenen Terrier-Rassen, Berner Sennenhunden, Bernhardinern, deutschen Schäferhunden sowie American und English Cocker Spaniel bekannt.
Hormone + Pigmente = Stress?
Eine veterinärmedizinische Studie der Fakultät Barcelona verglich den Serotoninspiegel im Blut von aggressiv-auffälligen Spanieln und fand einen signifikant erniedrigten Serotoninspiegel („Glückshormon“) im Vergleich zu anderen „aggressiven“ Hunden.
Vermutet wird bei den roten Cockern und anderen betroffenen rotfarbigen Rassehunden ein Zusammenhang mit einem Gen, das neben der Pigmentierung auch an Cortisolbindungsstellen im Gehirn beteiligt ist. Verstärkte Bildung von Cortisolbindungsstellen führen zu vermehrten Angst- und Defensivreaktionen der betroffenen Hunde. Diese genetische Fehlbildung könnte erklären, warum besonders rote Hunde in Stresssituationen empfindlicher auf Cortisol reagieren und häufiger mit aggressiven Verhalten auf Stress „antworten“.
Die menschliche Wahrnehmung von hündischen Verhalten
Eine weitere entscheidende Rolle spielt die menschliche Wahrnehmung bezüglich der Fellfarbe des Hundes und seinem gezeigten Verhalten. Studien zeigten, dass Menschen blonde Hunde als freundlich und emotional gefasster wahrnehmen, ganz im Gegensatz zu schwarzen Hunden.
Weiße Hunde gelten als „zahmer“ und schwarze Hunde als bedrohlicher.
Aber in der Realität zeigen schwarze Hunde, als auch schwarze Wölfe, weniger Aggressionsverhalten und ihre Cortisolwerte („Stresshormone“) sind niedriger als bei „nichtschwarzen“ Artgleichen.
Zusammenhang von Fellfarbe und Verhalten
Rote, braune und beige Hunde, aber auch Tiere anderer Arten mit diesen Fellfärbungen – gelten aufgrund ihres empfindlichen Cortisol-Systems (siehe „Cockerwut“) als nervös, stressanfällig und schneller bereit gehemmte Aggressionen zu zeigen.
„Bunte“ Hunde, also dreifarbige, Merle und Aguti gefärbte Hunde sollen zur Stressanfälligkeit, Nervosität und schneller zur Panik neigen.
Schwarze Hunde zeigen sich im Verhalten selbstsicherer und „zahmer“ im Umgang mit Menschen, aber in Gefahrensituationen engagierter handelnd und sexuell aktiver. Schwarze Hunde beginnen selten eine Auseinandersetzung mit anderen Hunden, beenden diese dafür aber kurz und schnell.
Dunkler gefärbte Füchse und Timberwölfe halten eine viel geringere Fluchtdistanz zum Menschen ein, im Gegenteil zu ihren helleren Artgenossen.
Rassedispostionen und Verhaltensunterschiede bei rassegleichen Hunden
Innerhalb verschiedener Hunderassen gibt es beobachtbare Verhaltensunterschiede, so scheinen z.B. braune Labradore reaktiver, schlechter trainierbar und anfälliger für Verhaltensauffälligkeiten als ihre schwarzen oder blonden rassegleichen Vettern. Dafür zeigen braune Labradore, im Vergleich zu schwarzen und blonden, weniger Furcht vor Geräuschen.
Diese Rassedisposition der Geräuschanfälligkeit kennt man auch z.B. vom weißen Schweizer Schäferhund (die weiße Fellfarbe ist ein stark aufgehelltes rot bzw. blond).
Farbgene sind mit anderen Merkmalen gekoppelt
Die Farbgene des Hundes sind eng mit anderen Genen verbunden, die nichts mit der Fell- oder Hautfarbe zu tun haben. So vererbt sich die Fellfarbe zusammen mit anderen Bereichen (hier z.B. die Hormone), die an dieses Farbgen gekoppelt sind.
Dies wird „Pleiotropie“ oder „Polyphänie“ genannt, es ist die Veränderung mehrerer phänotypischer Merkmale, die durch ein einzelnes Gen verursacht wird. Dies erklärt stark vereinfacht, dass man von Fellfarbe auf erbkoordiniertes Verhalten schließen kann.
Die Bildung der Hormone (z.B. Dopamin, Adrenalin, Serotonin und Cortisol) und das Fell- und Hautfarbpigment Melanin [vorwiegend zwei Varianten davon: Eumelanin (schwarz) und Phäomelanin (gelblich bis rötlich)] haben einen gemeinsamen Ausgangstoff, das Tyrosin sowie gemeinsame Auf- und Abbauwege (Synthese). Sie beeinflussen sich im gegenseitigen Wechselspiel in Intensität und Verteilung im Körper und lassen die Annahme zu, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Vorkommen von Melanin (Fellfarbe) und dem Verhalten gibt. Auch das Schilddrüsenhormon Thyroxin geht auf Tyrosin zurück. Wissenschaftlich besteht kein Zweifel daran, dass Schilddrüsenhormone einen starken Einfluss auf Verhalten haben.
Fazit
Wenn man sich nun aufgrund dieses Wissens seinen Hund aussucht und sich vielleicht auch im Tierschutz umschaut, sieht man schwarze Hunde jetzt eventuell mit anderen Augen und sie kommen ein kleines Stück vom schlechten Image des „bösen“ Hundes weg.
Letzten Endes ist das Verhalten unserer Hunde durch ihre Fellfarbe nicht in Stein gemeißelt, solange keine Krankheit vorliegt. Ebenso sollte die Fellfarbe nicht als Entschuldigung für Erziehungsfehler gelten. Das Verhalten unseres Hundes ist durch Führung und Training beeinflussbar, vielleicht aber erklärt die Fellfarbe das ein oder andere „auffällige“ Verhalten.
Bleiben Sie wissbegierig, Ihre Petra Puderbach ©CanisLogisch®
„…Pigment ist nicht nur schmückend; Pigment hat Struktur- und Schutzfunktionen, und Pigmentzellen haben weitere Aufgaben jenseits der Farbe.“
(“… pigment is not merely decorative; pigment has structural and protective functions, and pigment cells have other duties beyond color.”) Zitat: J. P. Yousha in “Coat Color in Danes: History & current genetics”
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