Wolfhunde
Wolfhunde - Grenzfä(e)lle in der Hundehaltung und Problemhund-Therapie
Wolf(s)hunde sind Hunderassen, die mit Wölfen gekreuzt wurden. Die Bezeichnung Wolfhund ohne „s“ ist aber bezeichnender.
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Entscheidend ist die Generation der letzten Einkreuzung des Wolfs. Ab der fünften Generation (F5) zählen diese Tiere als Hunde und dürfen von Privatpersonen gehalten werden. Davor (Zuchtgeneration F1-F4) zählen diese Tiere noch zu den Wolfshybriden und unterliegen in Deutschland strengem Schutz.
Man benötigt eine behördliche Erlaubnis zur Haltung eines unter F4-Hybriden. Man muss belegen können, woher diese Hybride stammen und man muss die Eignung zur Haltung, ein entsprechendes Fachwissen sowie ein spezielles Gehege vorweisen. Dies ergibt sich aus der Verordnung (EG) Nr. 1497/2003 der Kommission zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels. Unter Punkt 10 der Erläuterungen zur Auslegung der Anhänge heißt es dort:
„Hybride Tiere, bei denen in den vier vorhergehenden Generationen in direkter Linie ein oder mehrere Exemplare einer Art der Anhänge A oder B vorkommen, fallen wie reine Arten unter die Verordnung (EG) Nr. 1497/2003, auch wenn die betreffende Hybridart nicht ausdrücklich in den Anhängen aufgeführt ist.“
Wolfhunde sind in ihrer Haltung extrem anspruchsvoll und selbst sehr erfahrene Hundehalter können eine tiergerechte Haltung kaum leisten. Die unkritische Darstellung der Hybriden und Wolfhunde in Beiträgen sozialer Netzwerke fördert diesen bedenklichen Trend mit traurigen Folgen für Tier und Halter.
Es gibt acht wolfähnliche Hunderassen, davon zwei von der Fédération Cynologique Internationale (kurz FCI) anerkannte Wolfhunderassen und sechs nicht anerkannte sowie zwei Hunderassen, die den Namen Wolfshund tragen, aber keine sind.
Der Irische Wolfshund und der Barsoi, auch Russischer Wolfshund genannt, zählen zu den sogenannten Windhundrassen. Sie sind nicht wolfsähnlich, sondern wurden für die Jagd auf Wölfe gezüchtet und tragen deshalb den Wolf im Namen.
Der Saarloos Wolf(s)hund (SWH) (FCI-Gruppe 1, Sektion 1, Standard Nr. 311) ist eine niederländische Hybridkreuzung aus Wolf und deutschem Schäferhund, weiterhin der Tschechoslowakische Wolfshund (TWH) (FCI-Gruppe 1, Sektion 1, Standard Nr. 332). Eine Kreuzung aus Karpatenwolf und deutschem Schäferhund. Der TWH ist ein sogenannter „Low Content“ und hat ca. 20 bis 30% Wolfanteil. Beide Rassen sind FCI anerkannt und werden unter der Gruppe 1: Hütehunde & Treibhunde, Sektion 1 Schäferhunde mit Arbeitsprüfung geführt.Der SWH war als gesunde Rückzüchtung des deutschen Schäferhundes gedacht und der TWH wurde u.a. als „Angriffshund“ für militärische Sondereinsätze des tschechoslowakischen SEK entwickelt. Die Haltung des TWH ist im Schweizer Kanton Tessin genehmigungspflichtig.
Der Tamaskan stammt ursprünglich aus Finnland. Sein Name bedeutet „mächtiger oder starker Wolf“ und ist eine Mischung aus Schlittenhunden wie zum Beispiel: Siberian Husky, Alaskan Malamute, kanadische Eskimohunde und deutsche Schäferhunde. Ob es sich bei dem Tamaskan um den Northern-Inuit-Hund handelt bzw. er denselben Ursprung hat, ist noch nicht geklärt. Aus wissenschaftlicher Sicht ist der ursprüngliche Tamaskan eine „Abbildzüchtung“ und kein Wolfshybrid und somit die Ausnahme unter den Wolfhunden in Bezug auf Charakter und Wesen.2006 bis 2009 wurden laut dem Tamaskan-Dog-Register (USA) in Deutschland Saarlooswolfhunde (SWH) in den Tamaskan eingekreuzt. Man sollte also unbedingt auf die Zuchtlinie achten, ob man sich Hund oder Wolfhund anschafft. Hier wäre ein Gentest von den Elterntieren sinnvoll.
Der Marxdorfer Wolfshund (MWH) ist eine „junge“ (seit 2004) deutsche Kreuzung aus Saarlooswolfhund und weißem Schäferhund der Familie Rupp aus Marxdorf. Er heult noch häufig und ausdauernd, was man in Bezug auf seine Nachbarn berücksichtigen sollte.
Der Kunming Wolfhund (KWH) auch Chinese Wolfdog genannt stammt aus China. Dieser mittelgroße Wolf-Hund-Hybride ist eine Kreuzung aus Wolfshund und deutschem Schäferhund sowie Akita Inu (Spitz). Er ähnelt stark dem deutschen Schäferhund und wurde für Einsätze beim Militär und der Polizei gezüchtet.
Der Amerikanische Wolfhund (AWH) stammt aus Amerika und wurde aus verschiedenen Wolfsunterarten und wolfsähnlichen Hunderassen, wie Alaskan Malamute, Siberian Husky, Inuit Sled Dog, weißem und deutschem Schäferhund gezüchtet. Es wird beim AWH kein Wert auf die Anerkennung einer eigenständigen Rasse gelegt, er gilt deshalb als „Wolf-Hund-Mischling“. Es wurde zudem beim AWH stark darauf geachtet, dass keine Inzucht stattfindet. Ziel war es, eine dem Wolf in der Optik wie im Verhalten ähnliche, neue Hunderasse zu finden. Der Spencer Wolfdog gehört ebenfalls zu den AWHs.
Der Lupo Italiano; 1966 wurde in Italien von Mario Messi im nördlichen Lazio ein Wolf mit einem deutschen Schäferhund gekreuzt. Die Zucht des Lupo Italiano unterliegt der italienischen Forstbehörde und die Tiere sind nicht zum Verkauf freigegeben.
Der Perro Lobo Herreno oder Hierran Wolfshund stammt von der kanarischen Insel El Hierro in Spanien und ist seit dem 15. Jahrhundert bekannt. Er gilt als vom Aussterben bedroht. Er entstammt wahrscheinlich aus einer Kreuzung vom arabischen Wolf und dem Herreño Schäferhund ab. Er ist kleiner als die heute typischen Wolfshunde, was auf eine evtl. evolutionsbiologische „Inselverzwergung“ hinweist. Er ähnelt noch stark dem arabischen Wolf im Erscheinungsbild, heult noch viel und wird/wurde von den einheimischen Hirten als Hütehund genutzt.
Im Wesen werden alle Wolfhunde als scheu, misstrauisch, reserviert und zurückhaltend gegenüber fremden Menschen und allem Fremden beschrieben. Sie sind geräuschempfindlich, schreckhaft und sehr sensibel, mit Fluchtverhalten und Aggression beim Unterschreiten der Individualdistanz sowie sehr territorial, temperamentvoll und Ressourcen kontrollierend. Bei Stress und Überforderung legen sie ein zerstörerisches Verhalten an den Tag, was dann schon mal in einer zerlegten Inneneinrichtung der Wohnung enden kann. Schicke Möbel etc. sollten Ihnen daher nicht so wichtig sein. Wenn sie sich nicht ausreichend mit dem Wolfhund beschäftigen, verschafft er sich selbst eine Beschäftigung, die Ihnen vermutlich nicht gefallen wird.
Wolfhunde können nicht bis kaum alleine bleiben, weshalb man sie nicht einzeln halten sollte. Entfernt sich in der Einzelhaltung der Sozialpartner Mensch, versucht der Wolfhund seinem starken und ursprünglichem Trieb zufolge, mit allem ihm zur Verfügung stehenden Mitteln dem Rudel zu folgen. Dies kann auch bedeuten, dass sich der Wolfhund ein Loch durch die Holzwohnungstür oder bei längerer Abwesenheit des Menschen, durch die gemauerte Außenwand gräbt. Unerlässlich ist ein ausbruchssicheres Gehege, eine reine Wohnungshaltung ist mit einem Wolfhund schwer realisierbar. Machen Sie sich bewusst, einen Wolfhund kann man niemals mehrere Stunden allein lassen, um beispielsweise Arbeiten zu gehen.
Wolfhunde heulen lang und ausgiebig, wenn man sie alleine lässt. Dies sollte man berücksichtigen, wenn man Nachbarn hat.
Die Sozialisierung auf den Menschen muss unbedingt und sehr ausführlich im frühen Welpenalter (4-16 Woche) stattfinden, ansonsten bleiben diese Tiere zeitlebens sehr Menschenscheu. Ebenso sollte man einen Wolfhund in dieser Zeit (Sozialisierungsphase) frühzeitig an alles Alltägliche heranführen und ihm dabei genügend Sicherheit durch den Menschen bieten, besonders in Hinsicht auf die natürliche Angstphase in der Zeit 8 bis 12 Woche! Viele Wolfhundehalter berichten, dass ihr Wolfhund erst mit einem Jahr stubenrein war. Hündinnen werden übrigens nur einmal im Jahr läufig, ähnlich dem Wolf.
Wolfhunde sind als Anfängerhunde nicht geeignet, sie gelten als schwer erziehbar. Man weiß nie, ob gerade der Wolfsanteil oder der Hundeanteil vor einem steht. Eine ausgeprägte, niedrige Hemmschwelle in allen Trieben wie z.B. im Beutetrieb, Jagdtrieb, Selbsterhaltungstrieb - sollte dem zukünftigen Halter bewusst sein. Konsequente, klare Führung ohne Gewalt sowie hierarchische Rudel- bzw. Meute-Strukturen sind essenziell.
Bei Problemverhalten ist eine Therapie selten erfolgreich. Starkzwang zwingt den Wolfhund relativ schnell in den Selbsterhaltungstrieb und er wird mit Verteidigungsbereitschaft, Angst oder Aggressivität reagieren. Da er sehr eigenständig ist und mit wenigstens einem Artgleichen vergesellschaftet werden sollte, damit man diese auch kurzzeitig alleine lassen kann – bringt es wenig, den Wolfhund in eine starke Abhängigkeit zu seinem Halter bringen zu wollen, da dies die Vergesellschaftung mit einem Artgleichen behindern würde. Als Wolfhundhalter muss man also die Entscheidung treffen, wer als Sozialpartner fungieren soll, Mensch oder Artgleicher. Beides hat Vor- und Nachteile.
Bestrafung und Korrektur sowie alles was beim Wolfhund ein Meideverhalten auslösen könnte, sollte man in Bezug auf die schon vorhandenen scheuen Wesenszüge vermeiden, da sich Verhaltensprobleme verstärken würden.
Ebenso ist jede Einschränkung oder Blockierung zu unterlassen, unabhängig ob diese verbal oder körperaktiv erfolgen. Man sollte sich bewusst sein, dass Wolfhunde viel schneller und feiner nuanciert auf die Körpersprache von Menschen reagieren.
Wolfhunde wiegen zwischen 20 und 45 kg, die Schulterhöhe liegt bei 55 bis 75 cm. Gewicht und Größe variieren aber stark. Die Lebenserwartung reicht von ca. 15 bis 17 Jahren.
Ihr normales und unbeschwertes Leben hört mit der Haltung eines Wolfhundes auf, dessen können Sie sich sicher sein. Anthropomorphismus ist nicht angebracht.
Petra Puderbach von CanisLogisch
Foto David Selbert/Pexels